Versteht mich nicht falsch: Als ich Kind war, habe ich den Winter geliebt. Die ersten Schneeflocken, weiße Weihnachten und rasante Rodelpartien. Doch schon damals gab es einen Wehrmutstropfen: Das Rascheln des Skianzugs. Es gibt kein anderes Geräusch, das für mich mit so vielen Gefühlen verbunden ist. Nostalgie und die gute alte Zeit der späten 80er auf der einen, und purer Hass auf der anderen Seite. Denn gepaart ist dieses Rascheln mit Erinnerungen an kalte, rote Finger, nasse Strumpfhosen, unglaublich kratzige Sturmhauben, die mich noch in meine Alpträume verfolgen. Aber der Schnee und so haben mich da irgendwie noch drübergerettet. Doch je älter ich wurde, desto weniger mochte ich den Winter. Daher lüfte ich heute ein gut bekanntes Geheimnis: Ich hasse den Winter!
Jetzt lebe ich aber in einem Land, in dem der Winter einerseits sehr lange dauert und andererseits alle möglichen Winteraktivitäten sehr stark in der Kultur verankert sind. Ich bin also von Winterliebhaber_innen aus dem In- und Ausland umzingelt. Sie sind begeistert von der Schönheit des Winters und freuen sich aufs Skifahren, Schneeschuhwandern, Schneemänner bauen und Punsch trinken. Da kann ich natürlich nicht mithalten. Die Kälte dringt bis in meine Knochen und die Nässe macht mich immer krank. Also beobachte ich das alljährliche Schauspiel mit einer Mischung aus Skepsis und Fassungslosigkeit.
Hier kommt also meine unverblümte Winter-Hassliste:
#1: Das Leben in ewiger Dunkelheit
Der Winter ist dunkel, rau und ungemütlich. Punkt. Sprüche wie: „Ach, die wird den nächsten Winter nicht überleben!“ kommen ja nicht von irgendwo her. Schon oft im Oktober, aber spätestens im November werde ich nervös und beginne fast panisch Vitamin D Präparate zu horten. Denn dann geht es wieder los. Das dunkle Zeitalter. Was so romantisch klingt mit Kuscheldecke und Kerzen, ist in Wahrheit ein Leben im Kunstlicht. Aufstehen, wenn es dunkel ist, den ganzen Tag in der Arbeit sitzen und dann wieder in absoluter Dunkelheit nach Hause. Ich kann mich an Wochen, gefühlt Monate, erinnern, in denen ich keinerlei Kontakt mit Tageslicht hatte. Da können auch die Weihnachtsbeleuchtung und das Punschstanderl an der Ecke nicht mehr helfen.
#2: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung
Keine Ahnung wer diesen Satz etabliert hat – er oder sie war aber sicher keine Frostbeule. Abgesehen davon, dass der Großteil der mir bekannten Funktionskleidung das alte Raschelgefühl wieder zum Vorschein bringt, hab ich noch keine Kleidungskombi gefunden, von der ich sagen kann: JA! So trotze ich den Minustemperaturen. Spätestens nach einer halben Stunde
draußen habe ich kalte Füße. Und kalte Finger. Und meine Nase und meine Ohren haben erste Drohungen geäußert. Werde ich also zu einer Winteraktivität oder Winterurlaub überredet, steigen sofort zwei Gefühle in mir auf: Wäh, ich muss ur viel anziehen und wie soll ich es schaffen nicht zu erfrieren? Die allgemeine Begeisterung für Wintersport verwirrt mich einfach. Am liebsten lasse ich die Liebsten also ziehen und warte mit einem guten Buch und der Lieblingsplaylist in den Ohren im Spa-Bereich, bis die Truppe mit Bewegungsdrang wieder von ihrer Expedition zurückgekehrt ist.
#3: Schnee ist auch nur gefrorener Dreck
Schnee ist für mich eher ein theoretisch positives Konstrukt. Er glitzert, ja fein, er knirscht ganz nett, wenn man das Glück hat der oder die Erste zu sein, die drüberwandelt – aber in Wahrheit ist er halt nur sehr kaltes Wasser. Ich würde fast behaupten Wasser in seiner schlechtesten Form. Vor allem im der Stadt bedeutet Schnee vor allem eines: Grauer Gatsch. Und im Rest des Landes
geht er meist mit Chaos, Stromausfällen und Lawinen einher – beonders dann, wenn er sich Verstärkung holt und in großen Mengen daherkommt.
Einen positiven Aspekt kann ich dem Winter aber doch abgewinnen: Er erinnert mich jedes Jahr auf neue, wie sehr ich mich schon auf den Sommer freue. Ich zähle die Stunden bis die Tage wieder länger werden – ja, die Wintersonnenwende ist für mich wie ein kleiner Feiertag – die Sonnenstrahlen wieder Kraft bekommen und man endlich wieder ohne Jacke aus dem Haus kann. Und weil Vorfreude ja bekanntlich die schönste Freude ist, habe ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt und dank Frühbuchungsbonus meinen Sommerurlaub bereits zum Spitzenpreis gebucht. So kann selbst ich dem Winter noch etwas abgewinnen.
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