Vom Luxus des Alleinreisens – Oder wie man am Singletisch „überlebt“

Allgemein sagt man ja, dass Freude, die man teilt umso größer wird. Das stimmt durchaus, denn viele Menschen bevorzugen es Dinge wie ins Kino, Essen oder auf Reisen zu gehen, lieber in guter Gesellschaft zu tun. Und doch – um meine „gute Freundin“ Carrie Bradshaw zu zitieren – komme ich nicht umhin mich zu fragen: „Kann die Freude, Dinge ganz alleine für mich zu tun, nicht mindestens ebenso groß sein?“

Ich gebe zu, eine gewagte Theorie, denn unsere Gesellschaft ist vor allem auf dem Konzept der Zweisamkeit aufgebaut. Wer alleine Essen oder auf Reisen geht, muss sich allzu oft dem Verdacht ausliefern, niemanden zu haben, der ihr oder ihm dabei Gesellschaft leistet oder nicht sozial umgänglich zu sein. Oder haben wir schlichtweg verlernt, das Alleinsein – nicht zu verwechseln mit Einsamkeit – zu genießen? Was ist z.B. mit diesem unsagbar schönen Augenblick, wenn abends (besonders schön an Freitagen) die Türe hinter uns zufällt und wir das wohlige Gefühl genießen endlich Zeit für sich zu haben? Oder wenn man sich etwas Gutes, etwas Köstliches zum Essen gönnt und weiß, dass man es mit niemandem teilen muss? Gut, dies sind alles Dinge, die wir für gewöhnlich in unseren eigenen vier Wänden genießen. Doch wie sieht es aus beim Thema Reisen? Ertappen wir uns nicht alle manchmal dabei wie wir ein wenig mitleidig beim Frühstück und Abendessen zu den Single- bzw. Einzeltischen hinüberblicken und uns fragen, ob er oder sie freiwillig so alleine am Tisch sitzt?

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich stets freiwillig eine dieser Personen war. Und zwar aus ganz vielseitigen Gründen, auf die ich gleich näher eingehen werde. Seit meiner Jugend liebe ich es zu verreisen und meine Liste an Orten, die ich sehen möchte wird eher länger, als kürzer. Doch ich wollte nie auf jemanden warten, um diese Orte sehen zu können. Warten im Sinne von abhängig sein. Im Sinne von „erst wenn ich jemanden gefunden habe, der mit mir fährt, der Zeit und Lust hat, trete ich diese Reise an“. Nein, das wollte ich nie. So kam es, dass ich als Single in die wohl romantischste Stadt der Welt, Paris gereist bin. Und auch wenn ich umgeben war von verliebten, verlobten und frisch verheirateten Pärchen, die mich immer wieder baten Fotos von ihnen zu machen, da ich ja „ganz offensichtlich“ Zeit und beide Hände – weil nicht händchenhaltend – frei hatte, fühlte ich mich unglaublich wohl, frei und unbeschwert. Das lag vor allem daran, dass ich jeden Tag für mich selbst gestalten konnte, ganz nach meinen Vorlieben. Wenn ich Hunger hatte aß ich, wenn ich müde war ruhte ich mich aus, wenn ich stundenlang shoppen wollte, dann tat ich es ohne schlechtes Gewissen. Ich erlaubte mir, mich ganz auf mich zu konzentrieren und ausschließlich Dinge zu tun, die mir gut tun.

Erst vor kurzem unternahm ich seit langem wieder eine Reise zu zweit, mit einer guten Freundin, um ihr einen meiner liebsten Orte auf der Welt, Liverpool, zu zeigen. Ja, es war schön mit ihr. Wir unterhielten uns viel, oft bis spät in die Nacht. Gingen gemeinsam essen und auf Sightseeing Tour. Berieten uns bei Einkäufen und teilten viele schöne Urlaubserlebnisse miteinander. Und doch fehlte mir etwas. Doch erst als ich von dieser Reise zurückkam, bemerkte ich was es war. Es waren die stillen Momente zwischendurch, um bewusst Inne zu halten und den Moment in all seiner Schönheit wahrzunehmen und voll auszukosten. Aber auch die Freiheit und Leichtigkeit Entscheidungen zu treffen. Denn eines ist klar, wer zu zweit oder mit mehreren Personen reist, muss bereit sein für Kompromisse zu machen und ab und an die eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen.

Genau darin liegt für mich der Luxus des Alleinreisens: es ist die inzwischen oft betitelte „Me-Time“, die ich mir gönne – und wann ginge das besser, als im Urlaub? Es ist kein Egoismus, und wenn dann eine gesunde Prise an Egoismus, diese Zeit für sich einzufordern und zu genießen. Endlich mal nur tun, wozu machen Lust hat, auf die eigenen Bedürfnisse hören und ihnen nachgeben dürfen, keine Kompromisse. Egal ob als Elternteil, Partner, Freund/Freundin oder als Single.

Ich reise bewusst öfters (nicht immer, wie man sieht) alleine, weil ich es möchte und genieße. Nicht weil, sonst niemand mich begleiten wollen würde, sondern weil ich mich dazu entschieden habe. Und spätestens wenn ich morgens, wohlig-wonnig ausgeschlafen in meinem Hotelbett aufwache mit 1000 Plänen im Kopf für den angebrochenen Tag und der absoluten Freiheit diese noch mindestens 10 Mal zu überwerfen – einfach weil ich es kann – , dann weiß ich, dass die Freude, die ich mir damit selbst bereite mindestens ebenso groß und schön ist, wie jene, die ich mit meinen Liebsten teile.

Tauche ein und finde...